Francois Robichon de la Guérinière



Der vollständige Titel lautet in der deutschen Übersetzung:

Reitkunst oder gründliche Anweisung zur Kenntnis der Pferde, deren Erziehung, Unterhaltung, Abrichtung, nach ihrem verschiedenen Gebrauch und Bestimmung.

Der Titel hält voll und ganz, was er verspricht. Viele berufen sich auf den Autor aber nur wenige haben das Buch wohl wirklich gelesen. Das Buch ist eigentlich keine Reitlehre sondern eher eine Enzyklopaedie. Ganz im Sinne der Bestrebungen des 18. Jahrhunderts will der Autor eine vollständige Beschreibung der gesamten Hypologie seine Zeit erstellen. Die 3.Auflage der deutschen Ausgabe ist 1817 erschienen und in einer heute nur mühsam zu lesenden und zu Missverständnissen Anlass gebenden Sprache geschrieben.
Guérinière schreibt, dass es viele Ausbildungswege und Ziele je nach Typ und beabsichtigtem Verwendungszweck des Pferdes gibt. Neben dem Schulpferd, dessen Ausbildung seiner bedeutenden Rolle in Barock und Renaissance entsprechend den weitaus größten Raum einimmt, wird das Soldatenpferd und das Jagdpferd angesprochen. Die eine "klassische Reitweise", wie sie häufig allzu pauschal vorausgesetzt wird, gibt es bei Guérinière nicht.
Schon kurz nach den Erscheinen der Erstausgabe gelangt das Werk nicht zuletzt wegen der überragenden Qualität der von Charles Parrocel erstellten Bilder zu Weltrum und verkauft sich gut. Guérinière selbst gibt mehrere Neuausgaben mit Ergänzungen und in anderen Formaten heraus, die billiger sind aber nicht die Klasse der ersten Auflage erreichen.


von dem Rücken
Ein zur Güte eines Pferdes wesentlich beitragendes Stück ist die Stärke des Rückens. Er muss demzufolge etwas kurz, stark, breit und gerade seyn.
Je kürzer der Rücken eines Pferdes ist, um so mehr vereinigt es seine Kräfte, es galoppiert besser aus den Hanken, weil seine Kräfte gleicher sind. Für den Reiter sind hingegen solche Pferde unbequemer, weil alle Bewegungen demselben näher sind; auch geht niemals ein kurzes Pferd einen so guten Schritt, wie ein langes, denn das letztere reckt seine Schenkel mit mehr Leichtigkeit aus; ein zu langes Pferd aber galoppiert nicht so gut, seine Kräfte sind nicht so vereinigt, wodurch es verhindert wird, sich zusammen zu nehmen.
Ist der Rücken eines Pferdes nicht gerade, sondern tief eingesenkt, so nennt man diesen Fehler: Senk- oder Sattelrücken.
Diese Art Pferde haben gewöhnlich eine schöne Vorhand, erhabenen Hals, hochgestellten Kopf; sie bedecken den Reiter, sind ziemlich leicht, und gehen einige Zeit gemächlich; allein wegen Mangel an Kräften ermüden sie bald und können nicht so schwer tragen als ein anderes Pferd; auch sind sie übel zu satteln.
Bei einem wohlgestalteten Pferde, welches einen breiten Rücken hat, muß man in der Mitte dieses Theils einen Kanal sehen, welcher längs dem Rückgrade geht. Man nennt dieses: einen doppelten Rücken haben.

Von der Zäumung (siehe auch: www.Kandare.net)
Das einfache oder geschlossene Mundstück ist aus zwei Teilen zusammengesetzt, die in der Mitte durch ein Gelenk verbunden sind, wodurch es mehr Spiel erhält. Unter allen Mundstücken ist auch dieses eines der gelindesten, und dasjenige, welches das Maul des Pferdes am wenigsten zwingt.

Aus diesem Grunde macht man auch gewöhnlich die Bäume lang, wodurch das Mundstück noch gelinder wird. Die entferntere Gewalt zwingt das Pferd nicht so hart als ein kurzer Baum, dessen Wirkung schneller ist.

Originaltext

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