Gewichtshilfen

Das Gewicht des Reiters lastet immer auf dem Pferderücken, ob man will oder nicht. Entlastungssitz und Leichtraben ändern daran nichts. Beim Leichtraben z.B. wird auch beim Aufstehen das volle Reitergewicht über die Bügelriemen auf den Sattel, d.h. auf den Pferderücken übertragen. Warum also überhaupt Leichtraben und Entlastungssitz verwenden? Beim Leichtraben ist der Rhythmus der Körperbewegung des Reiters gegenüber dem der Trabbewegung um die Hälfte verlangsamt. Das Tempo des Arbeitstrabs von ca.150 Tritten pro Minute gibt dem Reiter 0.4 Sekunden Zeit, der Bewegung zu folgen. Bei Leichttraben hat der Reiter 0.8 Sekunden Zeit zur Anpassung an das Auf und Ab des Pferderückens. Beim Entlastungssitz wird ein Teil des Reitergewichtes auf die Oberschenkel verlegt, der Reiter ist im Hüftgelenk mehr angewinkelt und kann sei Gewicht besser abfangen. Mt anderen Sitzformen wird also dem Reiter die Anpassung an die Bewegung des Pferderückens erleichtert, nicht mehr. Das nicht harmonisch (zu spät) an die Bewegung des Pferderückens angepaßte Reitergewicht ist die Ursache für die meisten reiterlichen Probleme. Was soll ein Pferd tun, dem immer dann, wenn sein Rücken sich schon wieder nach oben bewegt, das volle Körpergewicht des Reiters entgegen kommt? Es wird sich nicht loslassen, den Rücken wegziehen oder verteifen und sich auch gegen die Hand des Reiters wehren. Das geschmeidige Anpassen an die Rückenbewegung, das Kindern oft leicht fällt, ist für Erwachsene nur auf einem Pferd, das einen gewissen Grad von Versammlung, d.h. Lastaufnahme durch die Hinterhand erlernt hat und ein ruhigeres Tempo ausführen kann. In England, wo man Versammlung gar nicht anstrebt, wurde aus diesem Grunde grundsätzlich nur leicht getrabt. Die Westernreiter haben aus diesem Grunde den Jog erfunden, bei dem die Rückenbewegung eingeschränkt und der Reiter sich entspannt zurücklegt. Tölt und ähnliche Bewegungsabläufe Lösen das Problem der Anpassung durch sehr eilige Tritte, wodurch der Rücken nicht zum Schwingen kommt. Am erfolgreichsten ist das Erlernen des Auf und Ab auf einem gut piaffiernden Pferd, wie es noch im 19.Jahrhundert in den Reitschulen zu finden war (Siehe Anfängerunterricht). Man braucht sich dann nicht zusätzlich auf die Vorwärtsbewegung zu konzentrieren. Leider sind in den Reitschulen heute keine solchen Schulpferde mehr zu finden.

Bei der Anpassung darf der Reiter nicht passiv sein. Er muß vielmehr eine aktive Hüftbewegung ausführen, um den tiefsten Punkt der Rückenbewegung gleichzeitig mit diesem zu erreichen. Diese Bewegung, die meistens unbewußt ausgeführt wird, muß geschmeidig und möglichst losgelassen erfolgen bei genügendem Schluss mit den Oberschenkeln und Knieen, um dem Körper Stetigkeit zu verleihen. Beherrscht man sie, hat man das Mittel in der Hand, sein Gewicht als Hilfe einzubringen. Paraden kann man nun durch teilweise Aufgabe des Mitschwingens ausführen, eine Verstärkung des Mitschwingens wird beim Pferd eine größere Schwungentfaltung bewirken und das Tempo der Gangart kann vorgegeben werden. Erkennt man diesen Zusammenhang richtig, wird das Mitschwingen des Reiters zur wichtigsten Hilfe überhaupt. Natürlich muß ein Pferd auch für diese Hilfen konditioniert werden. Bei Pferden, denen der Reiter lange ein übereiltes oder verschlepptes Tempo gestattet hat, ist die Gewöhnung zunächst schwierig, ein junges, unverdorbenes Pferd reagiert meistens spontan.

In den Reitlehren wird unter Gewichtshilfen meistens nur über ein seitliches Verlagern des Gewichtes gesprochen. Diese darf nur gering und ohne Verbiegung der Wirbelsäule ( Einknicken in der Hüfte ) geschehen. Steinbrecht geht davon aus, daß ein ausgebildetes Pferd immer versuchen wird, seinen Schwerpunkt unter den des Reiters zu bringen. Ein junges Pferd dagegen flieht in der Regel in die entgegengesetzte Richtung. Das Pferd lernt also im Verlauf seiner Ausbildung auf die seitliche Gewichtsverlagerung nach dem Willen des Reiters zu reagieren wie auf andere Hilfen auch.

Wir Menschen verhalten uns beim Tragen eines schweren Rucksacks ähnlich. Wahrnehmen wird ein Pferd eine seitliche Gewichtsverlagerung auf jeden Fall, kann diese also auch als Hilfe interpretieren.

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