Die Reitakademien in Renaissance und Barock

Die Schüler der Reitakademien, externe und solche die in der Anlage wohnten, werden in der Regel junge Adlige gewesen sein, deren Familien die ziemlich hohen Schulgelder bezahlen konnten. Im ersten Monat waren 100, für jeden weiteren 50 Franc zu entrichten. ( zum Vergleich: eine Kutsche kostete 800, ein gutes Pferd 400, eine Laute 120 und ein Diener pro Monat 25 Franc). Leider ist nicht bekannt, wie lange und wie oft der Reitunterricht durchgeführt wurde. Aus Guérinières Ausführungen über die Pferdepflege wissen wir, dass die Pferde den ganzen Vormittag über in der Reitbahn waren. Offensichtlich haben jeweils einige Schüler geritten während die anderen auf der Galerie saßen und die Vorführungen ihrer Kameraden begutachteten. In einer anderen Quelle wird berichtet, dass den Schülern nach der Unterweisung durch den Reitmeister noch eine Stunde zeit zum weiteren Üben gegeben wurde.
Anders als in den italienischen erhielten die Schüler in den französischen Reitakademien neben der täglichen Reitunterweisung auch Unterricht im Tanzen, Fechten, Musik und der Mathematik. Tanzen zu können war eine Selbstverständlichkeit, man übte es unter Anleitung eines Tanzlehrers in der Regel täglich. Nichts konnte einen Mann so blamieren wie ein paar falsche Tanzschritte. Fechten zu können war ebenso selbstverständlich, allerdings als Sport, Kriege wurden längst nicht mehr mit dem Degen geführt. Weniger bekannt ist, dass die mit Spitzen und Perücken herausgeputzten Barock-Menschen glühend begeistert für Mathematik waren. Bedeutende Sätze aus Geometrie und Zahlentheorie wurden in dieser Zeit von adligen Amateuren wie Fermat entdeckt.
Reiten im Sinne von Reisen zu Pferde konnte wohl jeder junge Mann, bevor er eine Akademie besuchte. Bei Guérinière und seinen Kollegen lernten sie die Schulreiterei als Kunstform, die, glaubt man dessen mehrfachen Anmerkungen, zu seiner Zeit bereits im Niedergang begriffen war und als deren Bewahrer er sich versteht.
Die Reit-Akademie war keine Schule im heutigen Sinn, wo jeder Schüler einen Kanon von gleichen Fächern in eine großen Klasse lernen muß. Vielmehr war der Besuch freiwillig, die Auswahl der Fächer individuell und den Neigungen entsprechend, man erteilte Einzel- oder Kleingruppenuntericht ohne Zensurendruck, es waren also die bestmöglichen Bedingungen für erfolgreiches Lernen und gute Leistungen vorhanden und man darf sich die Schüler Guérinères als gut erzogene, körperlich und geistig gebildete, interessierte junge Menschen vorstellen, deren besonderes Interesse der Schulreiterei galt. Wie jeder, der sich ernsthaft mit dieser Kunst beschäftigt, weiß, ist deren Ausübung kein oberflächliches Hobby für Reiche sondern es bedarf des ernsten Willens und fleißigen Übens, um zu Erfolgen zu kommen.
Pluvinel beschreibt eine Reit-Akademie am Ende seines Werkes auf mehreren Seiten.

Der gut durchdachte Grundriss einer städtischen Reit-Akademie, den Guérinière zeichnen läßt wird dem seiner eigenen Anlage entsprochen haben. Im Stalltrakt (Ecurie) sind zweimal 27 Stände, die ca 1,30m breit sind. Ein Pfleger soll sieben Pferde versorgen wenn er im Hause wohnt. Wohnt er außerhalb, soll er nur vier Pferde versorgen.

Um Ihnen einen Eindruck davon zu vermitteln, welche Sorgfalt und Liebe frühere Generationen ihren Pferden angedeihen ließen hier ein Zitat aus dem Buch von Federigo Grisone(1570 in deutscher Übersetzung erschienen)
Der Stall soll am tag wol gerainiget sein / des nachts aber soll es haben eine gute Strew von gutem Stro oder grobem Hew bis zu seinen knien. Des morgens frue soll die strew widerumb auffgehebt / und sein Rugken / Schenkel / und alle Glider wol und sauber gewischt werden. Zum ersten mit stro / darnach mit einem Strigel. Und wann es gewonet / soll man es darnach sanftiglich zu einen wasser fueren / das es trink. Es ist im auch gar gut/ das es morgens und Abents gehalten werd in sueßem oder Meerwasser bis an seine Knie. Demnach soll das Pferd nit gan in sein stall / bis seine Schenkel wol drucken worden seind.


l'Echelle de dix toise ist ein Maßstab von zehn Klaftern = 6 Pariser Fuß = 1,95 m, so dass man die Abmessungen der Anlage errechnen kann. Die gedeckte Reitbahn hat die Maße 12m x 38,5m und ist mit einer brusthohen Mauer umgeben, die offene misst 17m mal 38,5m. In beiden stehen zweimal zwei Pilaren.

Der Cour pour fumiere ist der Lagerplatz für den Mist. Im Salle d'exercice (Raum für geistigen Übungen, 54 Quadratmeter ) wurden die anderer Fächer unterrichtet, Pförtnerloge, Küche, Speisesaal und eine Kapelle ergänzen den Vorderteil des Gebäudes. In der zweiten Etage werden sich Wohnräume und Futterlager befunden haben.
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